Erklärung zum Jurisdiktionswechsel unserer Gemeinde

Seit dem 24. Februar dieses Jahres erwähnen wir in unseren Gottesdiensten Metropolit Augoustinos von Deutschland. Dem war die Vollversammlung des Erzbistums vom 23. Februar, in der Erzbischof Jean von Charioupolis offengelegt hatte, dass er seit Ende November 2018 mit dem Patriarchat Moskau in Verhandlungen stehe und entschlossen sei, das Erzbistum diesem Patriarchat zu unterstellen, vorausgegangen. Unsere Zuflucht unter das Omophorion von Metropolit Augoustinos war zunächst nur der Ausdruck dessen, dass wir das Vertrauen in unseren bisherigen Erzbischof seit diesem Moment verloren hatten.

Definitiv ist unsere Zugehörigkeit zur Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland erst seit September dieses Jahres, weil durch den Synodalbeschluss vom 30. August klar geworden war, dass das Ökumenische Patriarchat ein Fortbestehen des Erzbistums kategorisch ausschließt.

Am 27. November 2018 hatte die ständige Synode des Ökumenischen Patriarchates plötzlich und vollkommen unerwartet beschlossen, die Verfassung (den „Tomos“) von 1999, mit der unserem Erzbistum auf unbeschränkte Zeit der Status eines Exarchats verliehen worden war, zurückzunehmen. Am 30. August dieses Jahres hat dieselbe Synode beschlossen, das Erzbistum aufzulösen, und die Gemeinden angewiesen, sich den Griechischen Metropolien der jeweiligen westeuropäischen Länder anzuschließen. In der neunmonatigen Zwischenzeit hatte der Diözesanrat versucht, durch Stellungnahmen, Korrespondenz und zwei Konsultationen mit dem Ökumenischen Patriarchen und Metropolit Emmanuel von Frankreich am Sitz der Patriarchates in Istanbul Wege zu finden, die den Fortbestand des Erzbistums in einer anderen Form ermöglicht hätten. Vergeblich.

Die beiden erwähnten Beschlüsse der Synode des Ökumenischen Patriarchats sind unseres Erachtens die letzte Eskalationsstufe einer Krise, deren Anfänge bereits in die Zeit von Erzbischof Gabriel von Komana zurückreichen. Offenkundig wurde diese Krise mit der Manipulation der Wahl seines Nachfolgers, Erzbischofs Job von Telmessos, seitens der Synode des Ökumenischen Patriarchats im November 2013. Das Ökumenische Patriarchat hat seitdem auf vielerlei Weise versucht, das Erzbistum zu schwächen, indem es den Tomos von 1999 de facto schon außer Kraft setzte, noch bevor es das auch de iure getan hat. In diesen sechs Jahren haben wir unter widrigsten Bedingungen versucht, Kurs zu halten und eine Verständigung mit dem Phanar herzustellen, um das Erzbistum und uns als seine Gemeinde in Deutschland zu erhalten. Der Beschluss der Synode vom 30. August 2019 hat all diesen Bemühungen den Grund entzogen.

Darum stellen wir hier fest: Dass unsere Gemeinde jetzt zur Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland gehört, ist weniger der Ausdruck freien Willens und freier Wahl als vielmehr das Ergebnis einer Entwicklung, die wir zutiefst bedauern.

Das Erzbistum der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa war gewiss ein Provisorium mit allen Merkmalen der Improvisation und der Vorläufigkeit. Aber es war im Unterschied zu allen anderen orthodoxen Diözesen in Westeuropa – mit der bemerkenswerten Ausnahme der Diözese von Surosh in Großbritannien unter Metropolit Antonij – die einzige, die keine nationale Präferenz hatte und sich nicht als Kirche im Exil, sondern als westeuropäische Kirche verstanden hat. Als solche war sie ein Fremdkörper in der ethnisch strukturierten Landschaft der westeuropäischen Orthodoxie und vielleicht auch eine Provokation für das Ökumenische Patriarchat, dessen Metropolien zwar beanspruchen, Territorialkirchen zu sein, die aber immer noch weitgehend den Charakter griechischer Exklaven in einer nichtgriechischen Umwelt konservieren.

Das Drama der „Auflösung des Erzbistums“ hat allerdings noch einen zweiten Akt. Der auferlegten Auflösung seiner Struktur als Diözese des Ökumenischen Patriarchats folgte der geistige Suizid jenes Teils des Erzbistums, der Erzbischof (seit dem 3. November 2019 Metropolit) Jean von Dubna in die Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats in der Hoffnung gefolgt ist, gerade die Struktur erhalten zu können. Dieser Schritt ist indessen Verrat an allem, was uns kostbar ist: Ortskirche, Konziliarität, Verwendung der Volkssprache im Gottesdienst, Freiheit von staatlicher Willkür. Das Moskauer Patriarchat verkörpert die Unterwerfung unter ein staatliches Willkürregime, das der Kirche Reichtum und Macht dafür gibt, dass sie seinen Machtanspruch durch die Ideologie der „russischen Welt“ ideologisch fundiert. Der Anschluss an eine solche Formation bedeutet einen Salto mortale in ein ekklesiologisches Gegenuniversum, in dem die Kirche zum Instrument klerikalen Machterhalts degeneriert. Anders gesagt: Das Moskauer Patriarchat ist der Inbegriff all dessen, was zu vermeiden und zu bekämpfen die raison d’être jenes Erzbistums war, dem wir entstammen und dessen Erben wir sind. Das galt schon 1930/31, als sich Metropolit Evlogij genötigt sah, das damalige Westeuropäische Exarchat des Moskauer Patriarchates dem Schutz und der Obhut des Ökumenischen Patriarchen Photios II. zu unterstellen. Und das gilt noch mehr unter den Bedingungen einer gegenüber dem 20. Jahrhundert dank der Möglichkeiten des digitalen Zeitalters unvorstellbar verfeinerten und gesteigerten Dominanz des Staates im Dienst seines postsowjetischen, neofaschistischen Totalitarismus. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass der neue russische Staat die Kirche nicht mehr im „klassischen“ Sinne verfolgt, sondern vereinnahmt, weil diese Kirche mit ihm eine vorbehaltlose und uneingeschränkte symbiotische Verbindung eingegangen ist.

Wir werden deshalb auch als Gemeinde der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland unsere Prägung bewahren und tun, was in unseren Kräften steht, um zusammen mit allen Gemeinden unseres ehemaligen Erzbistums, die sich einer Vereinigung mit dem Moskauer Patriarchat widersetzt haben, nach Möglichkeiten und Wegen zu suchen, unsere Gemeinschaft zu festigen und auch unter anderen Bedingungen auf dem Weg zu einer geeinten orthodoxen Ortskirche in Westeuropa voranzuschreiten.

Das hindert uns in keiner Weise daran, uns auch auf eine neue Gemeinschaft und Zusammenarbeit mit den Gemeinden zu freuen, denen wir bis jetzt durch unsere starke „Westbindung“ weniger zugewandt waren – also mit den vielen „griechischen“ Gemeinden sowie mit den Gemeinden des rumänischen Vikariats, mit denen wir neuerdings auch auf Grund unserer jurisdiktionellen Zugehörigkeit zu der seit 1963 bestehenden Griechisch-Orthodoxen Metropolie verbunden sind.

Im Übrigen wird es spannend sein, zu verfolgen, ob und wie weit es gelingen wird, zu realisieren, was das Kommuniqué, das den Beschluss der Heiligen Synode vom 27. November 2018 erläuterte, als Grund dafür angibt, dass das Ökumenischen Patriarchat die Gemeinden des Erzbistums den griechischen Metropolien einverleiben will: das geistliche und geistige Erbe des Erzbistums der Großen Kirche in Konstantinopel und ihren Metropolien und Gemeinden in Westeuropa noch unmittelbarer und wirkungsvoller zu erschließen und „die Erhaltung ihrer liturgischen und geistlichen Traditionen sicherzustellen und zu garantieren“.

Düsseldorf, den 13. November 2019

V. Peter Sonntag
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Das Erzbistum der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa

 

ist entstanden im Gefolge der russischen Oktoberrevolution 1918. Wegen der systematischen Verfolgung der orthodoxen Kirche Russlands in den Jahren danach sind zahllose Gläubige geflohen, die meisten von ihnen nach Mittel- und Westeuropa. Es waren diese Vertriebenen und Flüchtlinge, die zur Gründung unseres Erzbistums vor fast 100 Jahren geführt haben. Das Erzbistum der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa ist somit die älteste orthodoxe Diözese in diesem Teil unseres Kontinents, die von Anfang an Gemeinden in vielen europäischen Ländern umfasst hat. Seit 1931 untersteht es dem Ökumenischen Patriarchat. Lange Zeit war die „Pariser Jurisdiktion“, wie das Erzbistum wegen seines Bischofssitzes in der rue Daru in Paris auch genannt wird, neben dem Erzbistum von Thyatyra mit Sitz in London eine von zwei Diözesen des Ökumenischen Patriarchats in Westeuropa. Erst dreißig Jahre später begann Konstantinopel damit, in allen Ländern Westeuropas Metropolien zu gründen, und das in erster Linie für die griechischen Migranten, die damals in wachsender Zahl aus wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verließen und in den Ländern Westeuropas eine neue Heimat fanden. Parallel zu diesen „neuen“ Metropolien blieb das Erzbistum von Westeuropa mit seinen Gemeinden bis heute bestehen. Denn anders als diese hat es sich über Jahrzehnte hin in den Ländern, in denen es präsent ist, in missionarischer Weise auch an die nichtorthodoxen Christen gewandt und die Göttliche Liturgie für die westeuropäischen Sprachen geöffnet. So entstanden besonders in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg orthodoxe Gemeinden, in denen die Liturgie überwiegend oder ausschließlich in der Landessprache (französisch, englisch, niederländisch, deutsch, norwegisch) gefeiert wird. Es sind gerade diese Gemeinden, in denen das Bewusstsein dafür, die orthodoxe Kirche des Landes und nicht Diasporagemeinde einer ethnischen Minderheit zu sein, besonders ausgeprägt ist. Mehr als alle orthodoxen Diözesen versteht sich das Erzbistum der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa als Ortskirche und eben nicht als Außenposten der russischen Mutterkirche oder als Repräsentant russischer Sprache und Kultur. Gerade dazu verhilft ihm auch seine Zugehörigkeit zum Ökumenischen Patriarchat und die dadurch garantierte Unabhängigkeit von Moskau.

Das Attribut „russische Tradition“ bezieht sich nicht auf die nationale Zugehörigkeit der Gläubigen, sondern auf den Ursprung des Erzbistums aus der russischen Migration am Anfang des 20. Jahrhunderts und auf seine interne Struktur, die sehr konsequent den Beschlüssen des Konzils der russischen Kirche am Vorabend der russischen Revolution von 1917/18 folgt. Diese Beschlüsse räumen den Gläubigen und den Klerikern weitgehende Verantwortung und Mitspracherechte in pastoralen, sozialen und administrativen Belangen ein. Eine ausgeprägte Kultur des Austauschs und der geteilten Verantwortung zwischen den verantwortlichen Klerikern und den mitverantwortlichen Laien verleiht dem Erzbistum sein besonderes Profil. Die Gemeinderäte und der dem Erzbischof in Paris zugeordnete Diözesanrat sind von zentraler Bedeutung für sein Selbstverständnis und seine Identität.

Die Orthodoxe Parochie zu den heiligen Erzengeln in Düsseldorf

Die orthodoxe Gemeinde der heiligen Erzengel wurde gegründet von dem aus Hagenau im Elsaß stammenden Priester, dem späteren Erzpriester Sergius Heitz. Ostern 1958 feierte in der Jan-Wellem-Kapelle in Düsseldorf-Hamm den ersten Gottesdienst. Seit 1975 untersteht die Gemeinde dem Erzbistum der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa. 1992 bestellte Erzbischof Georg Wagner Priester Peter Sonntag zum neuen Pfarrer. Ende 2007 unterzeichnete die Gemeinde einen Mietvertrag mit dem Diakonischen Werk des Rheinlands und zog Anfang 2008 von der Jan-Wellem-Kapelle in die historische Kirche des hl. Nikolaus von Myra im Werstener Feld in Düsseldorf-Wersten. Seitdem ist die Jan-Wellem-Kapelle die Kirche der neu gegründeten georgischen Gemeinde des hl. Anthimos von Georgien.

Ende des letzten Jahres wurde der Orthodoxen Parochie zu den heiliegen Erzengeln der Mietvertrag gekündigt, und vor einem Monat wurde ihr die Kirche, das Zentrum und das Grundstück zum Kauf angeboten.

Die Orthodoxe Parochie zu den heiligen Erzengeln ist eine typische Gemeinde des Erzbistums der Orthodoxen Gemeinden von Westeuropa. Mit ca. hundert eingetragenen Mitgliedern ist sie eine kleine Gemeinde. Ihre Gläubigen gehören unterschiedlichen Nationalitäten an. Deutsch ist die Liturgiesprache. Die Gemeinde folgt dem Neuen Kalender (für die unbeweglichen Feste). Der Gemeinderat wird im Zweijahresrhythmus von der zweimal jährlich tagenden Gemeindeversammlung gewählt. Da sie nur einen Priester und keinen Diakon hat, entsendet sie zwei Delegierte in die Generalversammlung des Erzbistums: den Pfarrer und einen Laiendelegierten.

Sie ist Teil der orthodoxen Pfarrkonferenz Düsseldorf und dadurch auch der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Düsseldorf.

Die Gemeinde führt eine wöchentliche Erwachsenenkatechese durch. Einmal monatlich findet unter dem Titel „Dialog“ ein Gespräch über aktuelle kirchliche, theologische oder biblische Themen statt.

Sie unterhält eine Website (www.orthodoxdus.de) und eine Facebookseite (Freunde der Orthodoxen Parochie).

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